,,Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil...‘‘
Nicht nur Berufsrichter, sondern auch ehrenamtliche Richterinnen und Richter fällen Urteile und entscheiden somit über Schuld und Unschuld.
Im Rahmen der Rechtslehre befasste sich die VWK 22A der BBS Lahnstein mit der Thematik der Gerichtsbarkeiten und der damit verbundenen Aufgaben der einzelnen Instanzen.
Wie so oft sieht die Theorie anders aus als die Praxis. Aber wie sieht eigentlich genau die Praxis vor einem Gericht überhaupt aus?
Dieser Frage wollten wir genauer auf den Grund gehen und somit erklärte sich Frau Juliane Schaab, Schülerin der VWK 22A, dazu bereit, einen Besuch beim Verwaltungsgericht in Koblenz zu organisieren.
Am Dienstag, dem 4. Juli 2023 war es dann endlich so weit. 17 Schülerinnen und Schüler besuchten mit ihrer Lehrkraft Frau Manuela Altenkamp das Verwaltungsgericht in Koblenz.
Begrüßt und in Empfang genommen wurden wir von Herrn Dr. Ralf Geis, Präsident des Verwaltungsgerichts in Koblenz, welcher uns durch die Verhandlungen der 5. Kammer führte.
Der Zeitplan war eng getaktet, denn auf der Agenda standen insgesamt fünf Verhandlungen, in denen es galt, über Recht oder Unrecht zu entscheiden. Keine leichte Aufgabe, jedoch entscheidet hier ganz klar das Gesetz.
Die erste Verhandlung wurde pünktlich um 09:00 Uhr eröffnet. Inhalt der Verhandlung war die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf aufgrund gesundheitlicher Belange.
Hier wurde gegen das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Leiter der Justizvollzugsanstalt Koblenz, geklagt.
Die zweite Verhandlung ereignete sich um 09:30 Uhr, jedoch ist in diesem Fall niemand zur Ladung erschienen. Der Präsident schilderte uns kurz den Sachverhalt und betonte, dass trotz eines Fernbleibens von einer Verhandlung das Verfahren weiterverhandelt und nicht unberührt bleibe. Inhalt der Verhandlung war die Heranziehung des Klägers von Rundfunkbeiträgen, welche in der Vergangenheit trotz einer Ermäßigung nicht bereitwillig entrichtet wurden. Geklagt wurde hier gegen den Südwestrundfunk des Referates für Beitragsrecht.
In der 10:00 Uhr Verhandlung wurde die Unfallfürsorge einer jungen Lehrerin verhandelt. Gefordert wurde eine Erhöhung des Unterhaltsbeitrages, da die Beamtin aufgrund eines Dienstunfalls und den daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen in ihrem Alltag zunehmend beeinträchtigt war und ihr Gesundheitszustand somit zu einer dauerhaften Dienstunfähigkeit führte. Ein entsprechendes Gutachten wurde eingereicht, welches zunächst Zweifel aufhorchen ließ, jedoch kam man zu dem Entschluss, dass dieses vor Gericht für verwertbar erklärt wurde. Beklagter in dem Verfahren war das Land Rheinland- Pfalz, vertreten durch den Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion.
Nach einer kurzen Verschnaufpause wurde die nächste Verhandlung um 10:45 Uhr eröffnet. Diese beinhaltete die Thematik der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten. Ein sich im Ruhestand befindender Professor klagte gegen das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch die Präsidentin des Landesamtes für Finanzen, da die Frage im Raum stand, ob im Falle zweier in der Vergangenheit zurückliegender Projekte, die Tätigkeiten als hauptberuflich anzusehen waren und er somit ein Anrecht auf Versorgungsansprüche hatte. Vor 1997 galt nur eine unterhälftige Beschäftigung im Beamtenverhältnis. Hat in diesem Fall eine überhälftige Beschäftigung stattgefunden? Dies galt es jetzt zu klären. Das Gericht hegte Zweifel, ob das Merkmal der Überhälftigkeit nach dem Versorgungsrecht erfüllt wurde.
Schlusslicht bildete gegen 11:30 Uhr die Verhandlung der Mitgliedschaft in der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz. In dem Verfahren klagte eine Kinderkrankenpflegerin gegen die besagte Kammer, vertreten durch den Präsidenten der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz, hinsichtlich zu zahlender Beiträge. Da die Klägerin eine neue Tätigkeit in einer Kindertagesstätte aufgenommen hatte und demzufolge nach nicht mehr in ihrem alten Beruf tätig war, stellte sich die Frage, ob sie als Angestellte in einer Kita auf das berufsgruppenspezifische Fachwissen einer Kinderkrankenschwester zurückgreifen und dieses in ihrer neuen beruflichen Tätigkeit verwenden konnte. Auf Grundlage des sich am 1. Dezember 2022 geänderten Heilberufsgesetzes gehe eine Verwendung ihrer Tätigkeit somit einher und eine Mitgliedschaft in der Landespflegekammer sei ebenso von Bestand. Nachfolgend zog die Klägerin ihre Klage zurück und das Verfahren wurde eingestellt.
Nachdem die letzte Verhandlung geschlossen war, drehten wir den Spieß um und nahmen den Präsidenten, Herrn Dr. Ralf Geis, sowie seine Kolleginnen und Kollegen ins ,,Kreuzverhör‘‘ und stellten dem Gremium interessierte Fragen, wie zum Beispiel: ,,Wie wird man Richter?‘‘ oder ,,Wann liegt eine Verpflichtungsklage vor?‘‘ über ,,Ab wann ist eine Klage im Verwaltungsprozessrecht als statthaft anzusehen?‘‘ bis hin zu ,,Gibt es einen Fall, der Ihnen noch Jahre später in lebhafter Erinnerung geblieben ist?‘‘ Anhand der Erzählungen lässt sich eins feststellen: Auch Richter sind nur Menschen und so manches Schicksal lässt auch sie nicht kalt. Nichtsdestotrotz unterliegen sie der Gesetzestreue und nehmen die Aufgaben der Rechtsprechung nach bestem Wissen und Gewissen wahr.
Euer Ehren, Herr Vorsitzender, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Die VWK 22A bedankt sich recht herzlich, den Sitzungen der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts in Koblenz beigewohnt zu haben und nimmt die Ehrfahrungswerte und Eindrücke von diesem Tag als Mehrwehrt für die kommenden Unterrichtseinheiten in Rechtslehre oder gar im Hinblick auf das Fachgebiet des Beamtenrechts gewinnbringend entgegen.
Im Namen der VWK 22A lässt sich abschließend sagen: Eine gelungene Exkursion, die einen bleibenden Eindruck hinterlässt.
Juliane Schaab, VWK 22A, Auszubildende beim Polizeipräsidium Koblenz
Koblenz, den 17.07.2023
Vielen Dank für diesen schönen Bericht.
Ihre BBS Lahnstein